Quelle: ZO.RRO 2 / WiMa
ZO.RRO 2 entwickelt digitale Werkzeuge für die Dekarbonisierung Thüringer Unternehmen
Unternehmen in Thüringen stehen vor einem gewaltigen Transformationsdruck. Neben gesellschaftlichen Umbrüchen drängt sich der Themenkomplex Energie spätestens seit Februar 2022 in den Fokus des unternehmerischen Handelns. So ergeht es auch Fabian Hoppe, dem Geschäftsführer der HM Heizkörper GmbH Heating Technology aus Dingelstädt, die hochqualitative Heizkörper für den Weltmarkt herstellt.
Foto: (C) Marcel Mende, HM Heizkörper GmbH Heating Technology
Veränderte Anforderungen verlangen Anpassung der Produktion
"2020 lag der Anteil der Energiekosten für unsere Produkte noch weit unter 10 Prozent, im aktuellen Jahr lag er nun bei über 20 Prozent. Hinzu kommt, dass die Kunden nachhaltige, dekarbonisierte Produkte fordern, was für energieintensive Unternehmen, wie wir es sind, den Einsatz Erneuerbarer Energien verlangt. Zudem hatten wir im Herbst und Winter 2022/2023 das Risiko der Gasmangellage. Unsere Produktion wäre damit vollständig zum Erliegen gekommen."
– Fabian Hoppe, Geschäftsführer der HM Heizkörper GmbH Heating Technology
So wie Fabian Hoppe ergeht es vielen Geschäftsführern in Thüringen: Sie suchen Lösungen, wie sie für ihr Unternehmen wettbewerbsfähige Energiepreise, hohe Versorgungszuverlässigkeit und Zugang zu Erneuerbaren Energien gewährleisten können. Doch fehlt es den Unternehmen oft an entsprechenden Werkzeugen, wie sie Transformationspfade effizient identifizieren können.
Im Forschungsprojekt ZO.RRO 2 (Zero Carbon Cross Energy System for Glass Industry) werden solche Werkzeuge entwickelt. Eines davon ist der digitale Produktionszwilling, welcher ein virtuelles Spiegelbild eines physischen Produktionssystems darstellt und in Echtzeit den Zustand von Produktions- und Logistiksystemen eines Unternehmens zeigt. Mit einem digitalen Zwilling können die Entscheider im operativen Geschäft potenzielle Entwicklungen viel präziser ableiten und schnell Prognosen für geforderte Kennzahlen und Werte erhalten.
Digitaler Produktionszwilling zeigt Optimierungspotentiale der Heizkörperproduktion
Im Zuge des Forschungsprojekts ZO.RRO 2 wird ein spezieller digitaler Produktionszwilling für den Fertigungs-, Lackier- und den Montagebereich der HM Heizkörper GmbH Heating Technology entwickelt, der sich auf Energieaspekte konzentriert. Der Zwilling soll die Besonderheiten der Energieversorgung von HM Heizkörper GmbH Heating Technology, wie zum Beispiel eine vorhandene PV-Anlage, berücksichtigen und in Abhängigkeit von den Energiepreisen Vorschläge für die Terminierung von Fertigungs- und Montageschritten erzeugen.
©ZO.RRO II 2024/Grafik zum digitalen Produktionszwilling
In mehreren Terminen entstand im Dialog der Forschenden mit den Beschäftigten und der Geschäftsleitung ein hinreichend genaues Bild von dem Herstellungsprozess eines Heizkörpers. Nicht nur die erforderlichen Fertigungsprozesse, wie das Zuschneiden von Blech aus einem Coil, sein Umformen zu der bekannten welligen Struktur, das anschließende Verschweißen der einzelnen Teile und der abschließende Lackiervorgang, wurden unter die Lupe genommen, sondern auch die begleitenden Prozesse analysiert. „Mit dem energetischen digitalen Produktionszwilling bekommen wir ein sehr präzises Werkzeug, mit dem wir uns optimal auf die Herausforderungen einer dekarbonisierten Produktion vorbereiten können und planerisch als auch operativ die Energiekosten senken können“, erklärt Geschäftsführer Fabian Hoppe.
Zukünftig optimierte Produktionssteuerung zur weiteren Senkung der Energiekosten
Aktuell erweitern die Forscher der Technischen Universität Ilmenau den digitalen Produktionszwilling von HM Heating Technology mit den produktbezogenen Angaben zu den energetischen Verbräuchen einzelner an der Fertigung beteiligter Ressourcen. Denn ein langer Heizkörper benötigt erwartungsgemäß mehr Energie für die Herstellung als ein kurzer Heizkörper. Mit dem umgesetzten Stand steht ein präzises Werkzeug zur Verfügung, das bisher aber noch ohne Rückwirkung auf aktuelle Energiedaten auskommt. Zukünftig ist geplant den digitalen Zwilling mit einer standardisierten und eichrechtskonformen Energiemessung zu verknüpfen. Somit können die Produktionsanlagen nicht nur analysiert, sondern auch optimiert gesteuert werden, um in der operativen Produktionsplanung weitere Energiekosten zu senken.
Für die zukünftige Umsetzung des energetischen digitalen Produktionszwillings außerhalb des Forschungsprojektes sind regionale Energieberatungsunternehmen wie das Ingenieurbüro für Energiewirtschaft GmbH (IfE) aus Steinbach-Hallenberg die idealen Partner.
"Die IfE als Energieberatungsunternehmen sieht den Vorteil des digitalen Produktionszwillings darin, Energieverbrauchsmessung und Ableitung von Handlungsempfehlungen in Form von Transformationspfaden schneller als bisher umsetzen zu können. Damit bekommen unsere Kunden einen zeitlichen Vorsprung, der ihre Wettbewerbsfähigkeit positiv unterstützt."
– Dr. Dirk Schramm, Geschäftsführer IfE GmbH
Im Rahmen des Forschungsprojektes wird deutlich, wie eine enge Kooperation zwischen Wirtschaft und Wissenschaft zur Erhaltung eines wettbewerbsfähigen Industriestandortes beiträgt.
Text: Technische Universität Ilmenau