Quelle: TMUENF

Deutschlands erstes kaltes Nahwärmenetz mit Abwasserwärmenutzung startet den Betrieb

Mit der feierlichen Inbetriebnahme des Vorhabens „Klärwärme Schmölln“ setzt die Stadt Schmölln einen bundesweiten Meilenstein für die Wärmewende.

Bildquelle: TMUENF

Erstmalig in Deutschland wurde ein kaltes Nahwärmenetz mit 3,2 Kilometer Länge errichtet, dass die Wärme des Abwassers der kommunalen Kläranlage Schmölln als Hauptenergiequelle nutzt. Ergänzend wird Abwärme aus der Firma Kunststoff Technik Schmölln (KTS) in das System eingebunden. Die Gesamtkosten von rund 3,5 Millionen Euro werden zu etwa 90 Prozent vom Umweltministerium übernommen (rund 3,2 Millionen Euro).

Dazu erklärt Energieminister Kummer (heute von Abteilungsleiter Thomas Walter vertreten): "Das Projekt verdanken wir der guten Zusammenarbeit mit den Stadtwerken. Wir hatten einige dicke Bretter zu bohren. Wir haben hier ein weiteres hervorragendes Beispiel, wie Wärme durch erneuerbare Energien funktioniert - und damit langfristig versorgungssicher und bezahlbar bleibt. Mieterinnen und Mieter werden so vor steigenden Preisen bei Öl und Gas geschützt."

Severin Kühnast, Geschäftsführer der Stadtwerke Schmölln, ergänzt: „Das Projekt zeigt, wie bestehende Infrastrukturen intelligent mit moderner Wärmepumpentechnologie kombiniert werden können, um eine klimafreundliche und zukunftssichere Wärmeversorgung aufzubauen.“

Das neue Nahwärmenetz transportiert kalte Umweltwärme mit einer Temperatur zwischen etwa 10 °C und 20 °C zu den angeschlossenen Gebäuden.

In diesen Gebäuden sind dezentrale Wärmepumpen installiert, die aus der Netztemperatur die für Heizung und Warmwasser nötige Energie bereitstellen. Die Wärmequellen stammen aus dem Abwasser der Kläranlage sowie anteilig aus der Abwärme der KTS – also aus Energie, die bislang ungenutzt verloren ging.

Besonders bemerkenswert: Erstmals in Deutschland wird mit einem kalten Nahwärmenetz Wohngebäudebestand aus den 1960er- und 1970er-Jahren zuverlässig beheizt – ohne dass ein Austausch der Heizkörperflächen erforderlich war. Damit beweist das Projekt, dass auch konventionell errichtete Gebäude mit moderater energetischer Qualität effizient mit Wärmepumpen beheizt werden können, wenn die Systemtemperaturen und Netz, Quelle und Verbraucher optimal aufeinander abgestimmt sind.

Diese technische und wirtschaftliche Machbarkeit gilt als wichtiger Durchbruch für die breite Umsetzung erneuerbarer Wärmelösungen im Gebäudebestand.

Ein besonderes Merkmal des Projekts ist seine starke lokale Verankerung: Planung und Umsetzung wurden maßgeblich von regionalen Akteuren getragen – von den Stadtwerken Schmölln, lokalen Ingenieurbüros sowie Handwerksbetrieben aus der Region.

Durch die enge Zusammenarbeit zwischen Verwaltung, Wirtschaft und Fachplanung entstand ein innovatives Energieprojekt für Schmölln, das Kompetenz und technisches Know-how ideal vereint.

So bleibt nicht nur die Wertschöpfung in der Region, sondern auch das Wissen über Betrieb und Weiterentwicklung des Systems dauerhaft vor Ort.

Mit dem Projekt „Klärwärme Schmölln“ wird ein zukunftsweisendes Versorgungskonzept umgesetzt, das:

  • CO₂-Emissionen drastisch reduziert (hier um 84 % bzw. 175 t CO₂/Jahr),
  • Abwasser- und Abwärmequellen dauerhaft nutzbar macht,
  • bestehende Gebäude integriert, ohne kostenintensive Umbauten,
  • lokale Wertschöpfung in Schmölln stärkt.

Das Projekt zeigt, dass Energiewende im Wärmesektor möglich ist – dezentral, sozialverträglich und technisch robust.

Das kalte Nahwärmenetz Schmölln steht exemplarisch für eine neue Generation kommunaler Energieprojekte, die Ressourcen vor Ort nutzen, Netze intelligent kombinieren und die Wärmepumpe als zentrales Element der Transformation einsetzen. Schmölln zeigt, wie diese Vision Realität werden kann.

Hintergrund:

Das Projekt gehört zu einer Reihe mehrerer Pilotprojekte zur Transformation von Energieträgern und Erhöhung der Energieeffizienz insbesondere in bestehenden Gebäuden. Mit der Thüringer Wärmeenergie-Offensive unterstützt das Thüringer Energieministerium Pilotvorhaben der Wärmewende auf dem Weg zum klimaneutralen Gebäudebestand. Das umfasst neue technische Lösungen für das energieeffiziente Betreiben von Gebäuden, nimmt neue, nachhaltige Baustoffe wie Holz in den Blick und fördert das serielle Bauen.

Zu weiteren Projekten zählen etwa eine Machbarkeitsuntersuchung zur Klimaneutralität des Schlossbergs Altenburg oder bereits gestartete bzw. umgesetzte Wärmewende- Projekte im Grenzlandmuseum Eichsfeld, im Wohnbestand WBS 70 in Stadtroda und serielles Sanieren in Greiz. Das TMUEN investierte über drei Jahre rd. 5 Mio. EUR in Musterprojekte für einen höheren energetischen Standard im Gebäudebestand. Um bis 2045 einen klimaneutralen Gebäudebestand zu erreichen, sind erhebliche Anstrengungen und Investitionen notwendig.

Weitere Informationen: Thüringer Ministerium für Umwelt, Energie, Naturschutz und Forsten