Quelle: Thüringer Staatskanzlei

Energiewende mit Augenmaß gestalten:

Thüringer Landesregierung formuliert klare Vorgaben für Bau des Pumpspeicherwerks Schmalwasser

Die Thüringer Landesregierung hat heute den Bericht über die landesplanerische Beurteilung nach Abschluss des Raumordnungsverfahrens zum Pumpspeicherwerk Schmalwasser zur Kenntnis genommen. Der Antragsteller Trianel GmbH beabsichtigt seit 2011, an der Talsperre Schmalwasser ein Wasserspeicherkraftwerk zu errichten und zu betreiben, das mit einer Leistung von 1.070 Megawatt konzipiert ist. Für die Errichtung des Wasserspeicherkraftwerks soll die Talsperre Schmalwasser als Unterbecken genutzt werden. Als bauliche Anlagen sollen insbesondere ein Oberbecken, ober- und unterirdische Wasserwege, Betriebsanlagen und Betriebsgebäude sowie eine als Freileitung und Erdverkabelung realisierte Anbindung an die bestehende 380-kV-Leitung errichtet werden. Seit 2013 wurde durch das Thüringer Landesverwaltungsamt (TLVwA) als obere Landesplanungsbehörde geprüft, ob das Vorhaben im Einklang mit dem Landesentwicklungsprogramm Thüringen 2025 sowie den Regionalplänen Mittelthüringen und Südwestthüringen steht oder mit ihnen in Einklang gebracht werden kann. Im Ergebnis wird festgestellt, dass sich das Vorhaben unter Vorgaben realisieren lässt, die die Eingriffe in Natur und Umwelt durch Bauten und Bauarbeiten auf ein verträgliches Maß reduzieren. Das Thüringer Landesverwaltungsamt (TLVwA) hat die Prüfung unter breiter Beteiligung der betroffenen Kommunen, Verbände, Vereine und Behörden sowie der Bürgerinnen und Bürger realisiert. Das TLVwA hat im Ergebnis der Prüfung für die grundsätzliche Vereinbarkeit des Vorhabens mit landesplanerischen Zielen und den Belangen des Natur- und Landschaftsschutzes sowie des Tourismus insgesamt 38 Maßgaben formuliert, die Trianel in einem eventuell folgenden Planfeststellungsverfahren vollständig erfüllen muss. Die wichtigsten Vorgaben lauten:

  • Die Höhe der Dammkrone des Oberbeckens ist auf maximal 840 Meter NHN zu reduzieren. Es ist ein Mindestabstand von 200 Metern zwischen Oberbecken und Rennsteig einzuhalten.
  • Alle Möglichkeiten zur landschaftlichen Einpassung und zur Reduzierung der in Anspruch genommenen Flächen sind auszuschöpfen. Dies betrifft insbesondere Lage und Gestalt des Oberbeckens sowie die Gestaltung und Bepflanzung des Oberbeckenringdamms.
  • Für die Bauphase muss Trianel ein detailliertes Verkehrskonzept vorlegen, das das Verkehrsaufkommen durch Baustellentransporte auf das notwendige Minimum reduziert und insbesondere die Belastungen in der Ortslage Tambach-Dietharz beschränkt.
  • Es ist sicherzustellen, dass die Talsperre Schmalwasser zu jedem Zeitpunkt ihre Hochwasserschutzfunktion erfüllen kann.
  • Es muss nachgewiesen und sichergestellt werden, dass das Vorhaben zu keinem Zeitpunkt die sichere Trinkwasserversorgung der Bevölkerung gefährdet.
  • Eingriffe in den Waldbestand sind auf das unvermeidbare Maß zu beschränken. Insbesondere bei den für den Bau des Oberbeckens freigestellten Wäldern ist eine künftige forstwirtschaftliche Nutzung weiter zu gewährleisten.
  • Die Netzanbindung soll so weit wie möglich durch Erdverkabelung mit vorhandenen Straßen und Wegen realisiert werden, um Natur und Landschaft weitgehend zu schonen.
  • In Abstimmung mit den örtlich und fachlich zuständigen Akteuren soll ein Konzept zur Nutzung des Vorhabens als touristischer Anziehungspunkt entwickelt werden.

Der Abschluss des Raumordnungsverfahrens ist keine abschließende Genehmigung für den Bau des Pumpspeicherwerks Schmalwasser, sondern formuliert Bedingungen für die grundsätzliche landesplanerische Vertretbarkeit des Projekts, die vom Antragsteller in einem eventuellen Genehmigungsverfahren vollumfänglich umzusetzen sind. Die energiewirtschaftliche Notwendigkeit und wirtschaftliche Tragfähigkeit des Projekts war nicht Gegenstand des Raumordnungsverfahrens. Eine entsprechende Bedarfsprüfung wäre Gegenstand eines nachfolgenden Genehmigungsverfahrens.

Mit der Kenntnisnahme des Berichts verbindet die Landesregierung Anerkennung für die umfängliche und gewissenhafte Prüftätigkeit des TLVwA sowie für die hohen Transparenz- und Beteiligungsstandards, mit denen die Trianel GmbH bisher agiert hat. Die Entwicklung von Speichertechnologien ist ein essentieller Bestandteil der Energiewende. Unter der Voraussetzung der vollständigen Einhaltung aller 38 vom TLVwA formulierten Maßgaben bekennt sich die Landesregierung wegen der besonderen energie- und wirtschaftspolitischen Bedeutung zur Errichtung des Wasserspeicherkraftwerks Schmalwasser durch die Trianel GmbH. Die Landesregierung legt besonderen Wert darauf, dass in der Bauphase und während des Betriebs eine Konzentration der ökonomischen Wertschöpfung im eigenen Land gelingt.

Die Thüringer Ministerin für Infrastruktur und Landwirtschaft, Birgit Keller, betont die Gewissenhaftigkeit des Prüfverfahrens: „Das Landesverwaltungsamt hat die Projektpläne auf Herz und Nieren geprüft. Das Ergebnis bestätigt uns in unserer Haltung, dass der Bau des Pumpspeicherwerks Schmalwasser mit dem Schutz der Natur und den berechtigten Ansprüchen der betroffenen Bürgerinnen und Bürger vereinbar ist, wenn Trianel im Planfeststellungsverfahren strenge Auflagen zum Umwelt- und Naturschutz erfüllt. Insbesondere mit dem festgelegten Mindestabstand des Oberbeckens zum Rennsteig von 200 Metern, den Vorgaben zu Gestalt du Bepflanzung und der Begrenzung der Höhe der Dammkrone bei 840 Metern sind wichtige Forderungen der betroffenen Bürgerinnen und Bürger vor Ort erfüllt worden.“

Die Thüringer Ministerin für Umwelt, Energie und Naturschutz, Anja Siegesmund, verlangt eine vollständige Umsetzung des Maßgaben-Katalogs: „Der Bau des Schmalwasser-Projekts würde umfassende Eingriffe in Natur um Umwelt mit sich bringen. Solche Eingriffe sind nur dann zu rechtfertigen, wenn es sich um ein Projekt handelt, das herausragende Bedeutung für die Energiewende in Thüringen und in ganz Deutschland hat. Energiespeicher sind die Schlüsseltechnologien der Energiewende. Aufgrund seiner geografischen Lage bietet Thüringen günstige räumliche Bedingungen für den Bau von Pumpspeichern. Dieser Verantwortung für die Energiewende ist sich die Landesregierung bewusst. Wir wollen Thüringen zum Vorreiterland der Energiewende machen. Wir binden unsere grundsätzliche Unterstützung für den Bau eines Wasserspeicherkraftwerks an der Talsperre Schmalwasser mit einer unmissverständlichen Erwartung an das Unternehmen Trianel. Die vom Landesverwaltungsamt formulierten Vorgaben für den Schutz der Umwelt, der Landschaft und der betroffenen Menschen müssen vollständig und ohne Abstriche umgesetzt werden. Und diese Hürde liegt sehr hoch.“

Der Ministerpräsident des Freistaats Thüringen, Bodo Ramelow, verlangt einen Nachweis über die wirtschaftliche Tragfähigkeit und energiewirtschaftliche Notwendigkeit des Projekts: „Das Landesverwaltungsamt hat die Bedingungen für die Raum- und Umweltverträglichkeit des Projekts festgestellt. Ein Wasserspeicherkraftwerk am Standort Schmalwasser darf nur unter Beachtung von hohen Standards des Umwelt- und Landschaftsschutzes gebaut werden. Ohne Energiespeicher keine Energiewende. Auf dieser Erkenntnis beruht die grundsätzliche Unterstützung der Landesregierung für das Vorhaben von Trianel. Jetzt muss das Unternehmen darstellen, ob ein Pumpspeicherkraftwerk an diesem Standort energiewirtschaftlich notwendig und dauerhaft wirtschaftlich tragfähig ist. Wir erwarten von Trianel, dass es im Genehmigungsverfahren darstellt, wie ein hoher Anteil der Investitionen im Freistaat Thüringen mit ortsansässigen Unternehmen realisiert werden kann, und wie sicher gestellt wird, dass Wertschöpfung und Steuereinnahmen in Thüringen verbleiben. Ich bin mir sicher, dass der Stadtwerkeverbund Trianel der richtige Partner für diese Anforderungen ist. Wir wollen die Energiewende mit Augenmaß gestalten. Wir erwarten, dass die gesamte weitere Planung auf 110kV-Basis erfolgt, damit Schmalwasser zur Thüringer Batterie für regenerative Energien werden kann. Das Oberbecken muss deutlich vom Rennsteig entfernt sein. Was wir ablehnen, ist ein Wandeln von Atomstrom in angeblich grüne Energie. Deshalb muss ein solches Projekt regional eingebunden sein und zum Katalysator für die Energiewende im Land werden.“